Wer im Sommer am Meer ist und seinen Kopf auch einmal beim tauchen oder schnorcheln unter Wasser steckt ist immer begeistert von der Welt, die sich unter der Wasseroberflaeche verbirgt. Neue Farben, unbekannte Tiere und eine vollkommen neue Umwelt werden eroeffnet wenn man nur einen Moment lang den Atem anhaelt.
Ich bin momentan in Kroatien und betreue Schulgruppen, bringe ihnen schnorcheln bei und versuche ihnen einen Lebensraum naeher zu bringen der vielen Menschen vollkommen verborgen bleibt – unsere Meere. An einem der Tage liegt der Schwerpunkt auf den Fischen und immer wieder suchen die Kursteilnehmer nach dem Ausflug ins Wasser in Bestimmungsbuechern nach den Tieren die zuvor unter Wasser beobachtet wurden und immer haeufiger kommt auch die Frage auf: Wo sind die grossen Fische? Laut Literatur kann zum Beispiel eine Zahnbrasse bis zu einem Meter gross werden und dennoch sind die groessten Exemplare die beobachtet werden koennen kaum groesser als zwanzig Zentimeter. Wo also sind die groesseren Fische? Als eine Kuestenbezogene Art bleiben sie in der Naehe der Straende und sind nicht auf offener See. Und wer sich naeher mit der Frage beschaeftigt kommt untweigerlich zu dem Schluss:
Wir haben sie gegessen. Die gesammte Adria ist im Grunde ein Kindergarten fuer Fische, kaum ein Tier erreicht ein Alter ueber 3 Jahre, bevor es sich in einem der zahlreichen Netze verfaengt. Allein um die Insel Mali Losinj werden taeglich 120 Kilometer Stellnetze verteilt, eine 4 Meter hohe Wand unter Wasser in denen sich Fische aber auch andere Meerestiere verfangen und einen Tag spaeter an die Oberflaeche gezogen werden.
Und nicht nur lokal, auch im grossen Rahmen sieht es nicht gut fuer unsere Fische aus. Alleine die Bestaende von Thunfisch sind in den letzten 10 Jahren um 90 Prozent zurrueck gegangen. Haie werden fuer ihre Flossen gejagt, Delphine aus Brauch und fuer Delphinshows und -therapien gefangen genommen und gejagt. Stueck fuer Stueck wird systematisch die Spitze einer Nahrungskette abgeschnitten, die ueber Jahrtausende funktioniert hat. Die Szenarien die sich daraus ergeben gehen auseinander. Einerseits vermehren sich dadurch das keine Feinde mehr vorhanden sind kleinere Arten vermehrt, die auch befischt werden koennen. Spinnt man diesen Gedanken allerdings weiter, wird schicht fuer Schicht eine Pyramide von Nahrungsketten um ein Glied nach dem anderen erleichtert bis wir am Grund ankommen und im Meer nur noch Quallen und Wuermer uebrig sind. Die andere Prognose geht in eine Richtung die noch weniger vielversprechend ist: Das Kollabieren des Nahrungsnetzes als gesammtes System durch das abschneiden der Spitze. Als Lebewesen, das an eine Leben an Land gewoehnt ist ist man nun verlockt zu sagen, das ist nicht das Ende der Welt, das einzige Problem dabei ist, dass es das sehr wohl sein koennte: Das Meer ist die blaue Lunge unseres Planeten, etwa 70 Prozent des weltweiten Sauerstoffes wird von mikroskopisch kleinen Algen gebildet, die als Plankton in den Ozeanen dieser Welt treiben und die Basis der Nahrungspyramide bilden, wenn diese also zusammenbricht, geht auch uns die Luft aus – im wahrsten Sinne des Wortes.
Was also sollen wir dagegen tun? Auf Fisch zu verzichten kommt fuer die wenigsten Menschen in Frage, auch weil er vermeintlich gesund ist. Einer schwangeren Frau wird beispielsweise empfohlen 2-3 mal pro Woche Fisch zu essen. Was aber niemand dazusagt ist, dass auch auf die Fischart geachtet werden sollte: Wenn eine schwangere Frau in dieser Frequenz Raubfische, wie etwas Thunfisch isst, stehen die Chancen gut, ein Kind mit bleibenden Schaeden zur Welt zu bringen. In den Meeren sind Schadstoffe und Schwermetalle, die wir dort eingebracht haben und die von allen Tieren aufgenommen werden. Wenn nun ein Tier weit oben in der Nahrungskette steht sammeln sich ueber das Fressen kleinerer Arten ungleich groessere Mengen dieser Stoffe an, wie zum Beispiel Methyl-Quecksilber, eines der staerksten Nervengifte. Nur um sich die Mengen vorstellen zu koennen: Wenn ein Delfin an der Kueste angeschwemmt wird, darf dieser nicht begraben werden, sondern muss als Sondermuell entsorgt werden, weil die Belastung fuer den Lebensraum ansonsten zu hoch waere!
Also bei der Ernaehrung vielleicht auch auf Tiere einer niedrigeren Ebene zurrueck greifen, wie etwa Sardinen oder andere Nicht-Raeuber des marinen Lebensraumes.
Nur Fische aus Zuchten zu essen ist in der Theorie eine schoene Idee, was kaum jemand bedenkt ist aber die Ernaehrung dieser Tiere: Diese werden meist mit Fischmehl gefuettert, das wiederum aus Wildfang produziert wird. Fuer die “Produktion” von einem Kilogramm Lachs werden um die 8kg Meerfisch gefangen, zu Pulver zermahlen und verfuettert. Der Massstab wird klar, wenn ein naeherer Blick in die Medien geworfen wird: In letzter Zeit haeufen sich Meldungen von Massenstrandungen von Delphinen, ganze Gruppen von Seevoegeln sterben ohne klaren Grund, Waale stranden in groesseren Zahlen... Erst bei naeherer Untersuchung wurde der Mageninhalt der Tiere untersucht und man fand – nichts. Den Tieren wurde ihre Nahrung buchstaeblich weggefischt und sie verhungerten, weil der Fisch von dem sie sich einst ernaehrt hatten fuer Zuchten gefischt wurde!
All diese Entwicklungen passierten in den letzten Jahrzehnten und laut Prognosen der Wissenschaftler dauert es bei den momentanen Fischereiraten noch etwa 35 Jahre, bis unsere Meere entgueltig leer gefischt sind, ein Ereignis, das noch viele von uns erleben werden, aber wohl niemand wirklich erleben will. Also was tun?
Was wir brauchen sind ausgewachsene Fischweibchen. Ein gerade geschlechtsreifes Tier kann einige hundert bis tausend Eier produzieren. Ein aelteres Weibchen schafft ein Vielfaches davon und die Eier sind mit einer besseren Ueberlebenschance und besseren Resourcen versehen. Das Problem: Die Tiere erreichen dieses Alter erst gar nicht, weil sie schon vorher auf unseren Tellern landen. Was wir brauchen sind also marine Schutzgebiete, in denen gar nicht gefischt wird und sich Bestaende erholen koennen. Rund um diese Gebiete werden die Zahlen gefangener Fische innerhalb von wenigen Jahren in die Hoehe schnellen und die Flotten dieser Welt trotzdem nicht weniger fangen als bisher, aber dafuer auch auf lange Sicht.
In Oesterreich ist etwa ein Drittel des Landes Nationalparkflaeche, ein geschuetztes Gebiet ohne Raubbau. Die Meere gehoeren niemandem und trotzdem holt jeder heraus was er nur kann. Weltweit stehen aber nur etwa 1,2 Prozent der gesammten Meeresflaeche unter Schutz! Grossflaechige, dauerhaft geschuetzte Gebiete koennen unsere Fischbestaende noch retten, die Zeit etwas zu tun ist aber jetzt, ansonsten kann es fuer unsere Kinder schon zu spaet sein...
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